Mittleres Frankreich 2025Reiseberichte

Tag 4-6: Allier- und Loiretal, Sully-sur-Loire und eine Jungfrau

Tag 4-6: Allier- und Loiretal, Sully-sur-Loire und eine Jungfrau

Über Nacht sinken die 32 °C des gestrigen Nachmittags auf frische 17 °C, am frühen Morgen gab es bereits leichten Regen, bis zum Frühstück hat er jedoch bereits aufgehört. Ich verlasse den Campingplatz und fahre gen Westen, nach Bourbon-l´Archambault. Über der kleinen Gemeinde thront eine Burg aus dem 12. Jahrhundert, die in den darauffolgenden Jahrhunderten zu einer mächtigen Festung mit 15 Türmen ausgebaut wurde. Heute sind davon nur noch die runden Ecktürme erhalten.

Bei einem Zwischenstopp in dem kleinen Dorf Saint-Leopardin-d´Augy (weniger als 400 Einwohner) fällt sofort die mächtige ehemalige Kirche Saint-Martin ins Auge, eine Backsteinkonstruktion im romanischen Stil mit Portal aus dem 12. Jahrhundert.

Am Ufer des Allier entlang, einem linken Nebenfluss der Loire, fahre ich nun nordwärts bis zum „Bec d´Allier“, wo ddie beiden Flüsse sich vereinen. Hier war aufgrund des Wassermangels in beiden Flüssen nicht viel von der Vereinigung der „beiden wilden Flüsse“ zu sehen, wie es in der Broschüre der Tourismusbehörde Burgunds heißt. Weite Flächen des Flussbettes waren trocken.

Entlang der Lore fahre ich in westlicher Richtung bis ca. 50 km vor Orleans. Auf einem Wald-Campingplatz neben einem See bei Sully-sur-Loire, den ich am späten Nachmittag erreiche, wähle ich für zwei Tage einen schattigen Stellplatz zwischen den großen Bäumen. Am Nachmittag war die Sonne bereits wieder hinter den Wolken hervorgekommen und es sind schon wieder 27 °C.

In den frühen Morgenstunden beginnt es zu regnen und das Geräusch der Regentropfen auf dem Fahrzeugdach begleitet mich im Schlaf, beim Frühstück und noch den Großteil des Vormittags. Erst nach 11:00 h hört der Regen auf und eine halbe Stunde später mache ich mich auf zur kleinen Fahrradtour, die ich gestern mit Komoot geplant habe. Zunächst geht es durch den Wald an den Etang du Ravoir. An dem kleinen See mitten im Wald haben sich Anfang der 1980er Fischadler angesiedelt, die seither jedes Jahr im Frühjahr zur Aufzucht ihrer Jungen wiederkehren.

Als ich an der Beobachtungsstelle ankomme, bin ich alleine. Kein anderer Beobachter – und kein Fischadler. Nach über einer halben Stunde intensiver Beobachtung und Suche konnte ich einmal einen Adler in der Ferne über dem See kreisen sehen. Erst als ein älterer Mann mit seinem Spektiv auftaucht, der regelmäßig hier ist und sich auskennt, erfahre ich, dass der Adlerhorst am anderen Seeufer an höchster Stelle eines hohen Baumes gebaut ist und die Adler derzeit zwei Junge haben, die inzwischen 1 Monat alt sind und von den Eltern noch gefüttert werden müssen. Mithilfe seines Spektives kann ich auch einen Blick auf das Nest werfen, sehe die beiden Jungvögel und einen Altvogel. Die Kamera hat hier trotz der 900 mm Brennweite keine Chance.

Weiter geht die Tour zum Fluss, wo in Sully-sur-Seine ein mächtiges Schloss am Flussufer steht. Ich habe in den letzten Tagen bereits das ein oder andere Schlößchen bei der Vorbeifahrt gesehen, dieses Schloss aber ist der Inbegriff einer wehrhaften Burg zu Beginn der Renaissance. Die Burg war bereits 1102 als Verteidigungs-posten erbaut worden, wurde im 14. Jahrhundert prachtvoll ausgebaut und diente der Feinen Gesellschaft der damaligen Zeit zu prunkvollen Festen. Im Jahr 1429 besuchte Jeanne d´Arc das Schloss, um sich dort mit dem zukünftigen König Karl VII. zu treffen.

Zurück am Campingplatz sind aus den geplanten 37 km dann doch 43 km geworden, nicht zuletzt durch die zusätzliche Umrundung der Teichanlagen im Schlosspark.

Es ist 10:00 h am Morgen, als ich auf dem kommunalen Campingplatz in einem Vorort Orleans ankomme. Fahrzeug aufstellen, Strom anschliessen und los geht es mit dem Bus in die Innenstadt zum Stadtbummel.

Orleans ist die Stadt der Jungfrau – und ist offensichtlich stolz darauf ! Im Bodenbelag eingelassene Plaketten weisn den Weg zum Denkmal für Jeanne d´Arc, der heiligen Jungfrau von Orleans. Mit gerade 17 Jahren führte das Bauernmädchen französische Truppen gegen die englischen Besatzer und befreite Orleans. Bei der Krönung Karl VII stand sie neben dem Thron und zum Dank für ihre Taten wurde sie von ihm in den Adelsstand erhoben. Doch schon bald fiel sie in Ungnade, zwei Jahre später geriet sie in englische Gefangenschaft und wurde von der kath. Kirche der Hexerei angeklagt. Als man bei dem inquisitorischen Prozesse keine Beweise fand, dass sie vom Teufel besessen war, änderte man die Anklage. Sie wurde nun verurteilt, weil sie als Frau Männerkleidung getragen hatte-zu der Zeit ein unglaubliches Verbrechen! Als sie sich weigert, zukünftig Frauenkleidung zu tragen, stirbt sie in Rouen auf dem Scheiterhaufen.

Die Kathedrale zum heiligen Kreuz in Orleans wurde am 8. Mai 1829 eingeweiht, genau 400 Jahre nach der Befreiung der Stadt von den Engländern. Baubeginn einer der größten gotischen Kathedralen Frankreichs war bereits im Jahr 1287, also gut 542 Jahre zuvor. Zum Vergleich: Der Kölner Dom wurde 1248 begonnen und im Jahr 1880 eingeweiht, die Bauzeit war also mit 632 Jahre nur um rund 90 Jahre länger als in Orleans. Natürlich gedenkt man auch hier in der Kathedrale der Heiligen Jungfrau in einer Seitenkapelle.

Mein Weg führt mich durch die Altstadt, wo noch vereinzelt mittelalterliche Fachwerkbauten zu finden sind. Da es immer wieder zu kurzen Regenschauern kommt, verbringe ich den Nachmittag im Parc floral, wo es auch ein Schmetterlingshaus gibt. Das Wetter erinnert derzeit etwas an einen Apriltag, Sonne und Regenwolken wechseln sich ab. Sicherlich aber deutlich angenehmer, als noch vor 2 Wochen, wo in Orleans Temperaturen von bis zu 44 °C herrschten, wie mir der Kellner im indischen Restaurant erzählt, in dem ich mittags eingekehrt bin.

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